Und es begann! Lang genug hat man auf das neue Pokémon GO warten müssen, jetzt ist es endlich soweit und das Ganze spielbar. Ingress hingegen ist sozusagen schon ein alter Hut, und doch sind beides Spiele von Niantic. Es gibt schon nach den ersten Eindrücken von Pokémon GO jedenfalls genug Gemeinsamkeiten und Unterschiede, dass wir uns dachten: Darüber bloggen wir mal was.

Ingress

Zu Ingress sind wir erst ziemlich spät gekommen, dennoch wusste das Spiel uns noch zu begeistern. Man sammelt hierbei durch Herumlaufen außerirdische Energien, “exotic matter” (XM). Was diese Energie storytechnisch mit der Menschheit macht, weiß man nicht, doch es gibt zwei Fraktionen im Spiel, und beide haben eine zugleich sehr klare, aber auch äußerst unterschiedliche Ansicht dazu.

Die “Enlightened” haben die Farbe grün und glauben, dass exotic matter der Menschheit Erleuchtung bringen wird.  Die “Resistance” hingegen vermuten eher einen schlechten Einfluss auf die Menschheit durch die außerirdischen Energien und wollen darum die Verbreitung von XM verhindert.

Neben dem reinen Sammeln von XM kann man Portale aufsuchen und diese “hacken”, was einem bestimmte Items bringen kann. Diese Items wiederum kann man einsetzen, um damit feindliche Portale anzugreifen, eigene zu stärken, Portale miteinander zu verbinden und damit sogenannte Links zu erzeugen und so weiter. Ergeben gesetzte Links ein geschlossenes Feld, wird der gesamte Bereich für die eigene Fraktion erschlossen und gegnerische Portale können innerhalb dieses Feldes auch nicht mehr erobert werden – erst muss das geschlossene Feld durchbrochen werden.

ingress

Ingress bietet zudem noch Missionen an. Diese haben einen bestimmten Startort, von dem aus man dann diverse Punkte ablaufen muss. An den einzelnen Wegpunkten gilt es dann zum Beispiel, ein Portal zu hacken, ein Upgrade durchzuführen oder auch einen Passcode (Passphrase) einzugeben. Besonders gut gefallen hat uns beispielsweise eine Mission rund um ein örtliches Münster, bei dem sich die einzelnen Passphrases aus historischen Daten ergaben, die es rund um das Münster zu entdecken galt. Kultur 2.0 sozusagen.

Obwohl das Spiel mittlerweile schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat (Veröffentlichung war 2013/2014), gibt es noch eine ganze Reihe aktiver Spieler, die sich auch in Gruppen organisieren, treffen und gemeinsame Aktionen durchführen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Ingress eine Chatfunktion mit verschiedenen Channeln beinhaltet und man auch am PC die Ingress-Map sowie den Chat beobachten kann. Portale hacken und derlei kann man darüber allerdings nicht, denn das ginge schließlich auch am Spiel vorbei.

Anfangs konnte jeder Spieler interessante Punkte als Portal deklarieren, was später auf Grund einer Portalschwemme deaktiviert wurde. Das führte dazu, dass es nun zwar einer Reihe interessanter Portalpunkte gibt, aber auch sowas wie “Wiese am Wegesrand”.  Dafür fallen einige wirklich interessante Wegpunkte (zum Beispiel kulturell/touristisch gesehen) raus, ohne dass man sie auch nur als neue Portale vorschlagen könnte.

Pokémon GO

Derweil Ingress eine Zeit der (Weiter)entwicklung mit einigen Upgrades durchlaufen hat, bis es zu dem Spiel wurde, wie es sich heute darstellt, startet Pokémon GO schon auf einem ganz anderen Level. Einerseits ist seit Ingress einfach eine ganze Menge Zeit vergangen, zum nächsten nutzt Pokémon GO die Daten, die bereits durch Ingress gesammelt wurden. Aber von vorn:

Bei Pokémon GO schlüpft man in die Rolle einer Figur, die man gleich zu Anfang optisch anpassen kann, und macht sich auf, um eins von aktuell mehr als 130 Pokémons einzusammeln und zu trainieren. Pokémons können überall auftauchen und eine kleine Anzeige auf dem Bildschirm gibt einem lediglich einen Hinweis, welches Pokémon sich in bis zu 100m, 200m und 300m Entfernung aufhält. Suchen und finden muss man sie dann anhand dieser Anzeige selbst. Ist man in Reichweite, vibriert das Handy und man kann das Pokémon mit einem Ball anvisieren und einfangen.

rattfratz (1)

Neben den zufällig auftauchenden Pokémons gibt es noch eine Reihe sogenannter Pokéstops. Diese entsprechen übrigens Ingress-Portalpunkten, auch wenn es – zumindest aktuell – weniger sind. Gerüchten zufolge sollen weniger genutzte Ingress-Portale nicht zu Pokémon übertragen worden sein, im bisherigen Vergleich kann ich mir das allerdings nicht als ganz zutreffend vorstellen. An Pokéstops bekommt man neue Pokébälle, Heilmittel für Pokémons und beispielsweise Eier. Diese Eier kann man in einem Inkubatur ausbrüten und muss 2km, 5km oder 10km laufen, bevor das Pokémon schlüpft. Pokémons, die man gesammelt hat, kann man weiterentwickeln, boosten oder an den Professor schicken, der einem dafür speziesspezifische Bonbons gibt, die besagte Weiterentwicklungen ermöglichen.

Neben den Pokéstops gibt es noch Arenen, in denen man Pokémons gegeneinander antreten lassen kann. Hier kommt eine der drei Fraktionen ins Spiel, die PokémonGO anbietet und die man erst ab Level 5 auswählen kann: Intuition, Weisheit oder Wagemut. Diese Titel bezeichnen die Art, Pokémons zu sehen und mit ihnen umzugehen, und spieltechnisch gesehen machen sie einfach die Farbe aus (gelb, blau, rot), der man selbst angehört. Die Fraktion, die jeweils die stärkste innerhalb einer Arena ist, besetzt diese, und durch Kämpfe gegen die dort hinterlassenen Champions kann man eine Arena für das eigene Team erobern. Die Kämpfe sind dabei sehr simpel gehalten, die Champions schon so kurz nach Spielstart allerdings auch ungemein hoch in Bezug auf die Wettbewerbspunkte (WP), die so ein Pokémon mit sich bringt. Man muss schon ein Hardcore-Spieler sein, wenn man dort noch auftauchen will.

Der Vergleich

Die Spiele sprechen zunächst mal unterschiedliche Interessen an. Ingress hat thematisch einen unverkennbaren SciFi-/Mystery-Einschlag und erinnert zudem ein bisschen an dystopische Visionen wie “Tribute von Panem“, “Divergent” und Co., was die Grundstory angeht. Pokémon GO hingegen setzt auf, nun ja, Pokémon eben. 🙂

Ingress regt eher dazu an, sich auch direkt mit anderen Spielern auszutauschen, gemeinsame Aktionen zu planen und ein bisschen strategisch zu denken, während Pokémon GO abseits des aktuellen Hypes, durch den man sich mit quasi jedem über das Spiel unterhalten kann, bislang eher ein Soloabenteuer ist. Es braucht auch keinerlei strategische Überlegungen oder Aktionen bei PokémonGO, sondern rein faktisch gesehen läuft man einfach nur viel und noch viel mehr durch die Gegend, und klickt abseits dessen ein bisschen auf dem Handy herum. Ingress ist dabei deutlich varianten- und facettenreicher, und man kann ihm durchaus sogar noch einen kleinen kulturellen Bonus durch die entsprechend existenten Missionen zukommen lassen.

Bei Ingress kann man richtig große Portale alleine nicht erobern, so wie man auch bei Pokémon GO so ohne weiteres keine Chance in der Arena hat. Hier gewinnt allerdings Ingress, da man auch als Anfänger zumindest einen Teil beitragen und so ein mächtiges Portal zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten schwächen kann. Der Teamworkaspekt ist hier gegeben, während man bei Pokémon GO sein Pokémon einfach nur vom Arenaboden aufkratzen und allein wieder aufpäppeln kann.

Auf der anderen Seite sind Pokémons schlichtweg cool und niedlich und bunt und überhaupt. Es macht einfach Spaß, davon immer wieder neue zu entdecken, zu sammeln, weiterzuentwickeln und tamagotchi-like auszubrüten. Und dass man nicht ausschließlich auf fixe Punkte (Ingressportale bzw. Pokéstops) angewiesen ist, sondern das Zufallselement dabei hat, wann wo welche Pokémons auftauchen, ist wiederum ein Punkt für das neue Spiel.

Unter’m Strich ist Ingress wohl eher was für Leute, die gerne gezielt durch die Gegend laufen und damit näher dran an der Idee des Geocachings. Pokémon wiederum ist eher was für Leute, die ohnehin viel und gern unterwegs sind, auch ohne dabei ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis vor Augen zu haben.

Wie sich PokémonGO weiter entwickelt, bleibt natürlich abzuwarten. Schön wäre eine etwas bessere Unterstützung des Teamplays sowie mehr Chancen/Facetten in Bezug auf die Arena. Ansonsten gilt aktuell wohl: Hype und Cutiness wins!